Soziales

Soziales


Migration

Seit Februar 2022 kommen weiterhin geflüchtete Menschen nach Deutschland. Auch wenn die Zugangszahlen seit Anfang 2024 im Vergleich zu 2023 moderater sind, ist zu erwarten, dass sie in Zukunft wieder steigen werden. Die Städte arbeiten seit Monaten an ihrer Kapazitätsgrenze, um diesen Menschen Unterkunft und Integration zu bieten. Mit jeder weiteren Person, die aufgenommen wird, wird diese Aufgabe jedoch schwieriger und die Kosten steigen weiter.

Kostentragung

Im Spätsommer 2023 haben wir gemeinsam mit dem Landkreistag sowie dem Gemeinde- und Städtebund ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, um zu klären, wer für die Kosten der Flucht aufkommen muss. Das Ergebnis bestätigte unsere Auffassung: Die Kommunen haben einen Anspruch auf eine vollständige Kostenerstattung durch das Land. Leider sind die Kommunen immer noch stark unterfinanziert. Dieses Ergebnis haben wir deutlich gegenüber der Landesregierung kommuniziert und wird von uns weiterhin in den Gesprächen mit dem Land thematisiert.

Am 31. Oktober 2023 fand ein Gespräch mit der Ministerpräsidentin zur Vorbereitung der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) statt, in dem es u. a. um die Flüchtlingsfinanzierung ging. Wir haben erneut die vollständige Kosten­erstattung gefordert, gestützt durch das Rechtsgutachten. Die Landesregierung teilte jedoch mit, dass sie diese Auffassung nicht teile, und versprach, nach der MPK die Gespräche zur Finanzierung fortzusetzen.

Bei der MPK vom 6. November 2023 wurde ein »atmendes System« eingeführt, bei dem der Bund pro Jahr und Asylbewerber 7.500 Euro an die Länder erstattet. In einem anschließenden Spitzengespräch in der Staatskanzlei verkündete die Landesregierung, für 2024 zusätzlich 267,2 Mio. Euro für die Kommunen bereitzustellen. Damit wird der rheinland-pfälzische Anteil an den Bundesmittel vollständig an die Kommunen weitergeleitet (67,2 Mio. Euro). Die übrigen 200 Mio. Euro werden den Kommunen aus dem Landeshaushalt zur Verfügung gestellt. Die Sondermittel wurden von uns begrüßt, kommt das Land dadurch einer Vollkostenerstattung für 2024 zumindest näher. Die Höhe der zusätzlichen Mittel zeigt aus unserer Sicht aber deutlich auf, dass die aktuellen Finanzierungsreglungen unzureichend sind. Es ist für uns daher nicht nachvollziehbar, warum den Kommunen ein atmendes und auskömmliches System bislang verweigert wird. Wie eine dauerhaft tragfähige und planbare Finanzierung der Unterbringung und Integration in Rheinland-Pfalz erfolgen kann, bleibt weiterhin unbeantwortet.

Bezahlkarte

In der MPK vom 6. November 2023 wurde auch die Einführung einer Bezahlkarte beschlossen. Geflüchtete sollen künftig staatliche Leistungen nur noch zum Teil als Bargeld ausbezahlt bekommen. Das Land Rheinland-Pfalz beteiligt sich hierfür am gemeinsamen Vergabeverfahren von insgesamt 14 Bundesländern. Bisher konnte das europaweite Verfahren allerdings aufgrund einer eingereichten Beschwerde nicht abgeschlossen werden. Damit verzögert sich die geplante Einführung vermutlich für mehrere Monate. 

Die Landesregierung plant, alle Asylbewerber in den Aufnahmeeinrichtungen für Asylsuchende (AfA) mit einer Bezahlkarte auszustatten. Den Städten und Kreisen wird freigestellt, ob und in welchem Umfang sie die Bezahlkarte einführen möchten. Da die geflüchteten Menschen zunächst in den AfAs ankommen, ist es aus unserer Sicht wichtig zu erfahren, welches Bezahlkartensystem das Land in seinen AfAs nutzt und welche Bedingungen für die Weitergabe der Bezahlkarte bestehen. Erst wenn diese Rahmenbedingungen geklärt sind, besteht eine gute Grundlage für die Kommunen zur Entscheidung, ob sie eine Bezahlkarte einführen möchten oder nicht. Aus unserer Sicht ist ein einheitliches Vorgehen wünschenswert, um einen Flickenteppich nach Möglichkeit zu vermeiden. Wir empfehlen daher gemeinsam mit dem Landkreistag, mit der Entscheidung bis zum Abschluss des Vergabeverfahrens zuzuwarten. Gleichwohl gab und gibt es in Kommunen auch individuelle Überlegungen, die aus guten Gründen zu einer früheren Einführung eines Bezahlkartensystems geführt haben und die von guten Erfahrungen berichten.

Integration

Die Integration von Geflüchteten ist unerlässlich, um sozialen Zusammenhalt, wirtschaftliche Teilhabe und kulturellen Austausch in den Städten zu fördern. Sie trägt dazu bei, Konflikte zu vermeiden, Chancengleichheit zu schaffen und Diskriminierung abzubauen. Eine erfolgreiche Integration stärkt die Gemeinschaft und macht unsere Städte stabiler und attraktiver. Dabei müssen alle Schritte von der Erstzuweisung der Flüchtlinge bis zur Einschulung von Kindern bzw. zur Arbeitsmarktintegration bedacht werden. Wir begrüßen daher, dass unsere Forderung, ein gemeinsames Konzept zur Integration geflüchteter Menschen zu entwickeln, von der Landesregierung aufgegriffen wurde. Aktuell wird ein Dienstleister gesucht, der den Prozess unterstützt. Anschließend sollen Mitarbeiter:innen aus den Kommunalverwaltung bei der Erarbeitung des Konzeptes einbezogen werden.  

Leider bleibt die Situation in Bezug auf Integrations- und Sprachkurse schwierig. Wegen fehlenden Personals und Raumkapazitäten können die Kurse nicht in dem benötigten Umfang angeboten werden. Auch die angekündigten Mittelkürzungen des Bundes verschärfen die Situation weiter. Wir fordern daher vom Land finanzielle Unterstützung, um die notwendigen Angebote für eine schnelle Integration zu schaffen.

Ein weiteres großes Problem stellt der Mangel an Kita-Plätzen dar. Immer mehr Kinder geflüchteter Familien haben einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz. Dies führt zu Engpässen und könnte zu Spannungen führen, wenn geflüchtete Kinder vor ortsansässigen Familien einen Platz erhalten. Folglich müssen zusätzliche Kindertageseinrichtungen gebaut werden. Der Ausbau der Kita-Plätze wird allerdings durch den Mangel an Fachkräften zusätzlich erschwert.

Unbegleitete minderjährige Ausländer

Seit 2017 kümmern sich in Rheinland-Pfalz spezielle Schwerpunktjugendämter um das Clearing (z. B. Alters- und Identitätsfeststellung) von unbegleiteten minderjährigen Ausländern (umA). Aufgrund des gestiegenen Zustroms reichen die Kapazitäten dieser Jugendämter jedoch nicht mehr aus. Eine bestehende Vereinbarung zwischen mehreren Jugendamtsbezirken musste daher gekündigt werden, sodass sechs Jugendamtsbezirke im Süden nun keine Anbindung an ein Schwerpunktjugendamt mehr haben. Gespräche über eine Lösung dieses Problems laufen. Das Integrationsministerium ist dabei unserer Aufforderung zur Begleitung dieses Prozesses nachgekommen.

Für die Betreuung der umA sind in den Kommunen stationäre Unterbringungsmöglichkeiten erforderlich, doch es fehlt an Fachkräften. Dies betrifft nicht nur die umA, sondern auch die regulären Jugendhilfefälle. Um die Aufgabe der Unterbringung von Minderjährigen zu bewältigen, arbeiten die Städte eng mit freien Trägern zusammen, die weitere Unterbringungsplätze schaffen und betreuen müssen.


Jugend und Familie

Noch immer sind die Rahmenverhandlungen in der Eingliederungshilfe für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen, die seit 2019 laufen, maßgeblich davon geprägt, eine Regelung für die sogenannten integrativen Kindertagesstätten zu finden. Mit der Einführung des Bundesteilhabegesetzes, das mit einem personenzentrierten Ansatz den Ausgleich der Behinderung als Bedarf erkennt, wird der ehemalige teilstationäre Ansatz aus dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) abgelöst, sodass das Recht nur noch Kindertageseinrichtungen mit einem zusätzlichen individuellen Bedarf auf Grund der Behinderung des Menschen (Eingliederungshilfe) kennt. Dies bedeutet gleichwohl nicht, dass die Konzepte der ehemaligen integrativen Kindertageseinrichtungen veraltet wären und abgelöst werden müssten. Es müssen vielmehr neue Wege der Umsetzung und Finan­zierung gefunden werden, um die Einrichtungen zu erhalten.

Damit eine Rahmenvereinbarung zustande kommt, muss eine Einigung über die finanziellen Fragen der Umsetzung des neuen Rechts, insbesondere für die Kita-Plätze mit ergänzenden heilpädagogischen Leistungen, gefunden werden. Die Verhandlungspartner verhandeln daher intensiv, damit das Konzept der integrativen Kitas für die Leistungserbringer weiterhin umgesetzt wird. Den Städten ist sehr bewusst, wie wichtig die integrativen Einrichtungen für die Kinder mit Behinderungen und deren Eltern sind. Eine Versorgung dieser Kinder durch die Kommunen als Leistungsträger wäre kaum möglich, würden diese Einrichtungen schließen.

In einer Klausurtagung im April 2024 wurden zwischen den Leistungserbringern und der kommunalen Seite große Fortschritte erzielt. Die gute und konstruktive Verhandlungsweise muss nun fortgesetzt werden, um am Ende des Verhandlungsprozesses einen Rahmenvertrag zu verhandeln, dem alle Träger der Eingliederungshilfe und Träger der Jugendhilfe sowie die Leistungserbringer zustimmen.

Rahmenvertrag Frühförderung

Nach sieben Jahren Verhandlung wurde am 19.06.2024 der Landesrahmenvertrag in der Frühförderung zwischen den Leistungserbringern (Sozialpädiatrischen Zentren mit Frühförderung), den gesetzlichen Krankenkassen und den Trägern der Jugendhilfe und der Eingliederungshilfe erfolgreich abgeschlossen. Wir haben in dieser Verhandlung die Interessen der kreisfreien Städte und der großen kreisangehörigen Städte mit eigenem Jugendamt vertreten. Die Frühförderung ist eine Leistung für Kinder mit Behinderung und von Behinderung bedrohte Kinder im Alter von null Jahren bis zur Einschulung. Die Leistung wird in Sozialpädiatrischen Zentren mit angeschlossener Frühförderung erbracht. Dort arbeiten Fachkräfte aus verschiedenen Disziplinen zusammen.

Unter Moderation des Sozialministeriums haben die Vereinbarungspartner das bewährte rheinland-pfälzische Frühförderungssystem auf zukunftsfähige Beine gestellt. Mit aufgenommen wurde in der Rahmenvereinbarung auch ein offenes, niedrigschwelliges Beratungsangebot an den Frühförderstellen, um ggf. betroffene Eltern zu beraten, zu unterstützen und bei Bedarf weiterführende Hilfen zu vermitteln.

Es war allen Beteiligten ein Anliegen, für die Kinder mit Beeinträchtigung bzw. drohenden Beeinträchtigungen zu einem einvernehmlichen, guten Ergebnis zu gelangen.

KiTaG-Rahmenvereinbarung/Übergangsvereinbarung

Keine Einigung war bislang für einen Abschluss einer Rahmenvereinbarung nach § 5 Abs. 2 des Landesgesetz über die Erziehung, Bildung und Betreuung von Kindern in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege (KiTaG) zu erreichen. Nachdem die Rahmenvertragsverhandlungen im März 2023 beendet wurden, gab es allerdings bilaterale Bemühungen, zu einer Vereinbarung zu kommen. Am 22.03.2024 konnte eine Übergangsvereinbarung geschlossen werden, die den Zeitraum seit dem 01.07.2021 (Beginn der Geltung des KiTaG) bis 31.12.2024 mit einer Regelung insbesondere für die Finanzierung von Tageseinrichtungen für Kinder in freier Trägerschaft für diesen Zeitraum abschließend regelt. Die Rückwirkung dieser Regelung bedeutet einen zusätzlichen, enormen finanziellen Aufwand bei den Städten.

Die Übergangsvereinbarung unterscheidet zwischen kirchlichen Trägern von Tageseinrichtungen für Kinder und sonstigen freien Trägern. Die kirchlichen Träger erhalten eine Kostenerstattung in Höhe von 99 vom Hundert der anerkannten Personalkosten sowie einen Zuschlag zu den Sachkosten in Höhe von 3,5 vom Hundert der anerkannten Personalkosten – insgesamt 102,5 vom Hundert der anerkannten Personalkosten.

Bei den sonstigen freien Trägern besteht in der Regel keine (ausreichende) finanzielle Grundlage. Daher wurde für diese Träger eine Kostenbeteiligung in Höhe von 100 vom Hundert der anerkannten Personalkosten vereinbart. Da diese Einrichtungen sehr unterschiedlich sind, wurde der Sachkostenzuschuss zur individuellen Verhandlung im Einzelfall gestellt. Damit besteht im Vergleich zu den Kirchen keine Obergrenze, sondern es kann im Einzelfall auch ein über den Sachkostenzuschuss in Höhe von 3,5 vom Hundert der anerkannten Personalkosten hinausgehender Zuschuss vereinbart werden. Einrichtungen ohne eine finanzielle Basis sollen im Vergleich zu den steuerfinanzierten Einrichtungen bessergestellt werden.

Die Verhandlungen für einen Rahmenvertrag ab dem 1. Januar 2025 wurden aufgenommen. Gleichzeitig wird über eine Abgrenzung von Bau- und Instandhaltungskosten beraten.

Rechtsanspruch auf Ganztagsförderung

Mit dem Gesetz zur ganztägigen Förderung von Kindern im Grundschulalter (Ganztagsförderungsgesetz – GaFöG) hat der Bund einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter beschlossen. Dies soll eine Betreuungslücke schließen, die nach der Kita für viele Familien entsteht, sobald die Kinder eingeschult werden. Der Anspruch wird in § 24 des Achten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VIII) geregelt sein, tritt am 1. August 2026 in Kraft und ist in Rheinland-Pfalz von den Jugendämtern zu erfüllen. 

Aus unserer Sicht ist die flächendeckende Erfüllung dieses Rechtsanspruchs ab 2026 nicht möglich. Daher haben wir ein Positionspapier »Erfüllung des Ganztagsförderungsanspruchs ist gefährdet« verabschiedet. Es stellt fest, dass die Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsförderung nur über den Rechtskreis Schulen gelingen kann. Der notwendige schnelle und flächendeckende Ausbau von Ganztagsschulen ist aber oftmals nicht möglich; beispielsweise scheitert ein Ausbau bereits an der Lehrer- bzw. der Elternschaft. Zudem sind die Fördervoraussetzungen für notwendige Investitionen nicht praxistauglich, weil die Planungen umfangreich und aufwändig sowie die Fristen, in denen die Abrechnung erfolgt sein muss, unrealistisch eng gesetzt sind. 

Ferner deckt das Land im Ganztagsschulbereich nur vier von fünf Werktagen ab. Für den fünften Werktag, in der Regel der Freitag, muss die Stadtverwaltung mit hohem Aufwand eine Betreuungslösung schaffen. Dies ist umso schwieriger, als Personal an vielen Stellen fehlt. Hierzu zählt sowohl das Personal in der Betreuung als auch in den Verwaltungen, die diese Projekte umsetzen müssen. Auch für die Ferien fehlt eine rechtsanspruchserfüllende Lösung. 

Nicht zuletzt stellt die vom Land abgelehnte Finanzierung (Konnexität) für die Städte vor dem Hintergrund der großen Haushaltsdefizite ein großes finanzielles Problem dar. Wir fordern daher vom Land die Übernahme der entstehenden Kosten, da das Ganztagsförderungsgesetz als zustimmungspflichtiges Gesetz nur unter Zustimmung der Länder beschlossen werden konnte, das Land Rheinland-Pfalz dem Gesetz inkl. Finanzierungsregelung zugestimmt und die Aufgabe bei den Städten und Kreisen belassen hat.

Den notwendigen Ausbau zum Ganztagsförderungsanspruch unterstützt der Bund mit bis zu 3,5 Milliarden Euro für Investitionsmaßnahmen. Auf Rheinland-Pfalz entfällt eine Förderungssumme von 132,5 Mio. Euro. Für die Verwendung dieser Mittel ist die Förderrichtlinie des Landes am 26. August 2023 in Kraft getreten. Die Förderung, bei der die Bundesmittel in voller Höhe weitergereicht werden, sieht für die Vorhaben einen Eigenanteil in Höhe von min. 30 vom Hundert vor. Aus unserer Sicht ist nicht akzeptabel, dass dieser Eigenanteil bei den Städten verbleibt.

Zur Verwendung der vom Bund bereitgestellten Betriebsmittel sind erste Gespräche zur Verteilung angekündigt. Wir sind der Auffassung, dass das Land die Bundesmittel an die Kommunen durchreichen und die über diesen Betrag hinaus entstehenden Kosten ausgleichen muss.

Zur Beratung über die inhaltliche Umsetzung des Rechtsanspruchs ist eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe vom Bildungsministerium eingerichtet worden. In dieser Arbeitsgruppe werden alle rechtlichen Fragen zur Umsetzung des Rechtsanspruchs erörtert; geeignete Fragen werden als FAQs auf dem Bildungsserver RLP veröffentlicht. 


GESCHÄFTSBERICHT 2024

Der aktuelle Geschäftsbericht sowie weitere Berichte aus den vorangegangenen Jahren stehen auch als PDF-Download zur Verfügung.