Infrastruktur
Verkehr
Novelle des StVG und der StVO
Im Koalitionsvertrag für die 20. Legislaturperiode der Bundesregierung ist vorgesehen, das Straßenverkehrsgesetz (StVG) und die Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) zu ändern, um neben der Verkehrssicherheit und -flüssigkeit auch Ziele wie Klima- und Umweltschutz, Gesundheit sowie städtebauliche Entwicklung stärker zu berücksichtigen. Ziel ist es, den Ländern und Kommunen mehr Spielräume bei ihren Entscheidungen zu geben.
Der Deutsche Bundestag hat im Oktober 2023 die Novellierung des StVG beschlossen. Aus unserer Sicht reichte die Änderung jedoch nicht aus. Es ist entscheidend, den kommunalen Gestaltungsspielraum im Straßenverkehrsrecht weiter zu erweitern. Die begrenzten Anordnungsbefugnisse führen derzeit zu Spannungen und Hindernissen bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen und der Mobilitätswende. Zudem entsteht durch die Vielzahl einzelner Maßnahmen ein unübersichtliches Schilderwirrwarr. Wir setzen uns dafür ein, den Kommunen mehr Entscheidungsfreiheit bei der Festlegung ortsangepasster Geschwindigkeiten zu geben. Besonders wichtig ist uns auch die Verankerung des Ziels der »Vision Zero« zur Gefahrenabwehr in der StVO. Vor der abschließenden Beratung im Bundesrat haben wir uns daher an unsere Verkehrsministerin gewendet und um Unterstützung gebeten. Nachdem der Bundesrat am 24.11.2023 keine Mehrheit zur Änderung des StVG fand, wurde der Vermittlungsausschuss angerufen. Eine Einigung wurde im Juni 2024 erzielt und Anfang Juli 2024 wurde auch die Änderung der StVO beschlossen. Wir begrüßen diese ersten Schritte für mehr Verkehrssicherheit und Lebensqualität, hatten jedoch größere Erwartungen. Beispielsweise hätten wir uns gewünscht, dass der »besondere Gefahrennachweis« in der StVO entfällt, um den Kommunen vor Ort mehr Handlungsspielraum zu geben. Für uns gilt: Nach der Reform ist vor der Reform.
Finanzierung des ÖPNV in Rheinland-Pfalz
Die Weiterentwicklung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) ist aus unserer Sicht eines der zentralen Zukunftsthemen, um eine umweltfreundliche und moderne Mobilität für die Bürgerinnen und Bürger in den kommenden Jahren zu sichern und auszubauen. Mobilität ist für die Menschen unverzichtbar und der ÖPNV sollte im Rahmen der Daseinsvorsorge sowie einer klugen Sozial- und Verkehrspolitik allen einen bezahlbaren Zugang ermöglichen. Leider wird die Finanzierungsfrage immer drängender und bereitet uns ernsthafte Sorgen. Ab 2025 und in den Folgejahren wird ein Fehlbetrag im dreistelligen Millionenbereich erwartet, bedingt durch gestiegene Energie- und Personalkosten sowie die Anschaffung klimafreundlicher Fahrzeuge. Wir haben uns bereits in den Jahren 2022 und 2023 wiederholt an die Landesregierung gewandt. Im März 2024 haben wir gemeinsam mit dem Landkreistag die damalige Ministerpräsidentin erneut auf die großen finanziellen Defizite und den dringenden Handlungsbedarf von Bund und Land hingewiesen. Leider werden wir seit Beginn des Jahres 2022 auf laufende Gespräche und Prüfungen innerhalb der Landesregierung vertröstet. Die Finanzierung des ÖPNV ist seit dem Inkrafttreten des Nahverkehrsgesetzes ungeklärt, was vor dem Hintergrund der Bedeutung eines attraktiven ÖPNV nicht länger hinnehmbar ist. Die bestehenden und zu erwartenden Defizite können von den kommunalen Aufgabenträgern nicht allein bewältigt werden. Deshalb ist eine umfassende finanzielle Strategie und Unterstützung des Landes unerlässlich. Andernfalls werden umfangreiche Kürzungen im Bus- und Schienenverkehr, einschließlich der Stilllegung von Bahnstrecken und der Verzicht auf Zukunftsprojekte, unvermeidbar. Für Ende September 2024 hat die Mobilitätsministerin den Städtetag zu einem Gespräch geladen. Wir werden das Thema der ÖPNV-Finanzierung im kommenden Jahr weiter intensiv verfolgen.
Landesnahverkehrsplan
Die kreisfreien Städte und Landkreise sind als Aufgabenträger für den öffentlichen Personennahverkehr verantwortlich. Seit dem Inkrafttreten des neuen Landesnahverkehrsgesetzes im Februar 2021 erfüllen sie diese Aufgabe als Pflichtaufgabe der Selbstverwaltung – allerdings nur in den Grenzen ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit. Im Landesnahverkehrsplan (LNVP) wird das verbindliche Mindestbedienungsangebot festgelegt, das Städte und Kreise bereitstellen müssen. Deshalb ist es wichtig zu wissen, welche Standards und finanziellen Mittel im LNVP vorgesehen sind. Der Entwurf des LNVP sollte ursprünglich Ende 2023 vorliegen. Im Januar 2024 informierte das Mobilitätsministerium jedoch, dass es aufgrund der Verknüpfung von LNVP und dessen Finanzierung noch weiteren Abstimmungsbedarf gebe und der Beteiligungsprozess sowie die Erstellung des LNVP verschoben werden müssten. Bis zum Redaktionsschluss im September 2024 gab es keine weiteren Informationen, was den Städten die notwendige Planungssicherheit raubt. Dieser Zustand, der seit Februar 2021 andauert, muss dringend behoben werden, um die Mobilitätswende in den Städten nicht weiter zu bremsen. Wir werden daher den Druck auf das Land erhöhen und die Umsetzung des Landesnahverkehrsgesetzes entschieden einfordern.
Rheinland-Pfalz-Index
Nach monatelangen Streiks der Busfahrer:innen im privaten Busgewerbe einigten sich ver.di und der Arbeitgeberverband VAV Ende Juli 2024 im Mediationsverfahren. Ein Teil der Einigung ist die Einführung eines ÖPNV-Indexes ab dem 01.01.2025, der Kostensteigerungen vor allem im Personalbereich abbilden soll. Dieser Index wird in die Verkehrsverträge zwischen Aufgabenträgern (Stadt oder Kreis) und den Unternehmen aufgenommen.
Bereits in den Tarifverhandlungen 2022 hatten das Land und die kommunalen Spitzenverbände mit ver.di und dem VAV vereinbart, die Entwicklung eines solchen Indexes positiv zu begleiten und bis 2026 eine Einführung zu empfehlen. Aufgrund des Mediationsergebnisses bleibt hierfür nun ein Jahr weniger Zeit. Im Sommer 2024 wurden erste Gestaltungsmöglichkeiten diskutiert. Für uns ist es wichtig, dass kein Vollkostenindex eingeführt wird, der unternehmerische Risiken komplett ausschließt. Stattdessen sollte ein tarif- und wettbewerbsneutraler Index entwickelt werden, an dem sowohl kommunale als auch private Unternehmen gleichermaßen partizipieren können. Wir werden die weiteren Gespräche hierzu konstruktiv begleiten und die Interessen der Aufgabenträger vertreten.
Deutschlandticket
Am 22.01.2024 beschloss die Sonderverkehrsministerkonferenz, den Preis für das Deutschlandticket im Jahr 2024 bei monatlich 49 Euro stabil zu halten. Diese Entscheidung begrüßen wir grundsätzlich, da ein einfacher Zugang zum ÖPNV mehr Menschen zur Nutzung des öffentlichen Verkehrs motivieren kann. Allerdings bleibt die Frage offen, ob dadurch eine Finanzierungslücke für Landkreise und Städte entsteht. Die Entscheidung gibt den Kommunen somit keine finanzielle Sicherheit. Völlig offen ist zudem, wie es in den Folgejahren mit der Finanzierung des Deutschlandtickets weitergeht. Wir haben gemeinsam mit dem Landkreistag mehrfach darauf hingewiesen, dass Städte und Landkreise das entstehende Finanzierungsdefizit nicht alleine auffangen können. Deshalb haben wir das Mobilitätsministerium im Januar 2024 aufgefordert, eine gesetzliche Regelung zur Umsetzung des Deutschlandtickets auf den Weg zu bringen, was bisher nicht geschehen ist.
Die Bundesregierung legte Mitte Juli 2024 einen Entwurf zur Änderung des Regionalisierungsgesetzes vor, in dem sie u. a. die künftige Finanzierung des Deutschlandtickets nur bis 2025 regelt. Sollte die Unsicherheit nun anhalten, könnten Verkehrsverbände in Rheinland-Pfalz gezwungen sein, aus dem Ticket auszusteigen. Alternativ wäre eine Preiserhöhung aus unserer Sicht unumgänglich. Wir appellieren daher an das Land, bis zum 01.01.2025 eine landesgesetzliche Regelung in Betracht zu ziehen oder eine verbindliche Zusage zur Übernahme der Einnahmeverluste aus dem Deutschlandticket zu machen. Die Hängepartie um die Finanzierung des Deutschlandtickets muss endlich beendet werden.
Energie
Zukunftsfähige Wärmeversorgung
Im Sommer 2023 sorgte das Gebäudeenergiegesetz (GEG), häufig auch als »Heizungsgesetz« bezeichnet, für viel Aufregung und Diskussionsbedarf. Im September 2023 wurde das Gesetz vom Bundestag verabschiedet und vom Bundesrat bestätigt. Die neuen Regelungen sehen vor, dass ab 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 % mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Die Vorgaben für Bestandsgebäude sind mit den Fristen der kommunalen Wärmeplanung verzahnt: Für Bestandsgebäude gilt die 65-Prozent-Vorgabe ab dem 1. Juli 2026 in Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern und ab dem 1. Juli 2028 in kleineren Kommunen. Diese enge Verzahnung mit der kommunalen Wärmeplanung hat viele Fragen und Unsicherheiten aufgeworfen – besonders, ob Städte durch ihre eigene Wärmeplanung die Fristen des GEG früher in Kraft setzen können. Um hier Klarheit zu schaffen, standen wir in engem Austausch mit unseren Mitgliedsstädten, den kommunalen Spitzenverbänden, dem Bundes- und dem Klimaschutzministerium Rheinland-Pfalz sowie der Energieagentur.
Im November 2023 folgte der Bundestag mit der Verabschiedung des Bundes-Wärmeplanungsgesetzes, das vom Bundesrat am 15. Dezember 2023 bestätigt wurde. Dieses Gesetz verpflichtet die Bundesländer, bis Juni 2026 für Großstädte und bis Juni 2028 für alle anderen Städte und Gemeinden Wärmepläne zu erstellen. Die Länder können diese Pflicht an die Kommunen weitergeben.
Um die vielen offenen Fragen zu sammeln, zu besprechen und den Austausch zwischen den Kommunen zu fördern, haben wir im September 2023 gemeinsam mit der Energieagentur und den anderen kommunalen Spitzenverbänden das digitale Netzwerktreffen »Kommunale Wärmeplanung Rheinland-Pfalz« ins Leben gerufen. Bis Ende August 2024 fanden sieben Treffen statt, bei denen Gäste wie der Landesinnungsmeister der Schornsteinfeger, der Landesdatenschutzbeauftragte und Mitarbeitende des Kompetenzzentrums Kommunale Wärmewende Halle teilnahmen. Zudem wurden Best-Practice-Beispiele aus Rheinland-Pfalz und anderen Bundesländern vorgestellt.
Im November 2023 verhängte die Bundesregierung als Reaktion auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum zweiten Nachtragshaushalt eine sofortige Haushaltssperre für viele Ausgabentitel des Klima- und Transformationsfonds (KTF), wovon auch die Förderung der kommunalen Wärmeplanung betroffen war. Am 4. Dezember 2023 trat der Förderstopp für Neuanträge in Kraft, wodurch Anträge nur noch bis zu diesem Datum und nicht mehr wie ursprünglich geplant bis Ende des Jahres eingereicht werden konnten. Einige Städte konnten aufgrund dieses kurzfristigen Förderstopps keine Förderanträge mehr stellen. Wir haben die betroffenen Städte umfassend informiert und ihre Anliegen über die Bundesverbände gegenüber dem Projektträger und Fördermittelgeber vertreten.
Das Land Rheinland-Pfalz hat insbesondere zur Vorbereitung auf die Einführung der Wärmeplanung einen Runden Tisch zur Wärmeversorgung ins Leben gerufen, bei dem auch wir vertreten waren. Im Rahmen einer Unterarbeitsgruppe »Kommunales« hat das Klimaschutzministerium gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden die Inhalte des Ausführungsgesetzes diskutiert. Einige unserer Forderungen, wie die Erhöhung des Mehrbelastungsausgleichs für Städte ab 45.000 Einwohnern, konnten auf diese Weise erfolgreich in den Gesetzesentwurf aufgenommen werden.
Am 12. Juli 2024 startete das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität die offizielle Verbändeanhörung zum Ausführungsgesetz des Wärmeplanungsgesetzes (WPGAG). Dieses Gesetz soll die Pflicht zur Wärmeplanung auf kreis- und verbandsfreie Städte, große kreisangehörige Städte sowie verbandsfreie Gemeinden und Verbandsgemeinden übertragen. Es regelt zudem ein vereinfachtes Verfahren, das Konvoi-Verfahren, die Anzeige der Wärmepläne, die Finanzierung sowie die Zuständigkeiten. Die Energieagentur Rheinland-Pfalz wird als zuständige Stelle für den Vollzug im Rahmen einer Beleihung benannt.
Die kommunalen Spitzenverbände haben eine gemeinsame Stellungnahme abgegeben, in der der Gesetzentwurf grundsätzlich als geeignet betrachtet wird, um die bundesrechtlichen Anforderungen sachgerecht und praxisnah umzusetzen. Insbesondere unterstützen wir die modulare Berechnung des Mehrbelastungsausgleichs. Kritik üben wir jedoch an unklaren Pflichtenübertragungen, den Ermächtigungsgrundlagen für weitere Rechtsverordnungen, durch die weitere Verfahren und damit mehr Bürokratie geschaffen werden könnten, und an Details der Konnexitätsberechnung wie veralteten Stundensätzen.
Wir befürchten außerdem, dass Städte, die früh mit der Wärmeplanung begonnen haben und mit einem guten Beispiel vorrangehen, finanziell gegenüber anderen Kommunen benachteiligt werden könnten. Dies gilt es aus unserer Sicht zu verhindern, profitieren doch diese Kommunen von dem Wissen und den Erfahrungen der Vorreiterkommunen. Eine solche Entwicklung würde kein positives Signal senden und könnte dazu führen, dass Kommunen angesichts angespannter Haushaltslagen zukünftig weniger proaktiv sein können und auf rechtliche Verpflichtungen warten müssten.
Unsere vollständige Stellungnahme kann hier nachgelesen werden.