Finanzen
Haushalt
Es gibt wohl kein anderes Thema, das regelmäßig zu solch kontroversen Debatten zwischen Land und kommunalen Spitzenverbänden führt, wie die Finanzausstattung der Gemeinden, Städte und Kreise. Vertreter:innen der Landesregierung und der regierungstragenden Fraktionen argumentieren zumeist, dass mit dem neuen kommunalen Finanzausgleich, dem Entschuldungsprogramm PEK-RP und Förderprogrammen, wie insbesondere dem KIPKI, das Land ganz maßgeblich zur Gesundung der Kommunalfinanzen beitrage. Im Übrigen sei jetzt die kommunale Ebene gefordert, durch Haushaltskonsolidierung, Steuererhöhungen und z. B. durch die Realisierung von Erlösen aus dem Ausbau der Windkraft zu ausgeglichenen Haushalten zu gelangen.
Die kommunale Sicht stellt sich differenzierter dar. Zunächst ist festzuhalten, dass wir die in den letzten Jahren von der Landesregierung auf den Weg gebrachten Maßnahmen zur finanziellen Unterstützung der Kommunen grundsätzlich begrüßen und gerade bei dem Thema der Entschuldung sehr lange für entsprechende Maßnahmen gekämpft haben. Allerdings können diese aus unserer Sicht nur Zwischenschritte sein. Eine nachhaltige finanzielle Gesundung der Kommunen, vor allem auch der Städte, ist nach wie vor nicht in Sicht.
Finanzausgleich
Bezüglich des neuen kommunalen Finanzausgleichs muss man leider festhalten, dass er nicht zu halten vermag, was er verspricht (Deckung von kommunalen Bedarfen) und er den aktuellen finanziellen Herausforderungen der Kommunen hinterherhinkt. Ein zugegebenermaßen systemimmanentes Problem, dem die Landesregierung durch teils politisch höhere Festsetzung der insgesamt zur Verfügung gestellten Finanzmittel zu begegnen versucht. Angesichts eines stetigen Aufwuchses der Ausgaben im Jugend- und Sozialbereich, aktuell massiver Kostensteigerungen u. a. durch die Tarifabschlüsse sowie finanzieller Herausforderungen in den Bereichen ÖPNV, Kita-Ausbau und Flüchtlingsunterbringung ein mehr als schwieriges Unterfangen, das durch die mal mehr mal weniger gezielte Umgehung des Konnexitätsprinzips durch das Land bei neuen Aufgaben für die Kommunen weiter erschwert wird.
Entschuldungsprogramm
Dass es eines neuen, wirksameren Entschuldungsprogramms bedarf, darauf hat der Städtetag viele Jahre mit Nachdruck hingewiesen. Umso größer war die Freude bei vielen kommunal Verantwortlichkeiten, als die Landesebene ein neues Programm auf den Weg gebracht und in einem sehr konstruktiven Verfahren mit den kommunalen Spitzenverbänden ausgearbeitet hat. Äußerst problematisch an dem Programm sind allerdings die durch die Landespolitik gesetzten Leitplanken des Programms. So wird den Kommunen zwar ein guter Teil ihrer Altschulden abgenommen. Zugleich werden diese aber – bei gleichzeitigem Wegfall anderer landesseitiger Finanzhilfen (Schuldenabbaubonus, Zinssicherungsschirm) – dazu verpflichtet, ihre restlichen Schulden über einen gewissen Zeitraum vollständig zu tilgen. Dies führt in Summe in vielen Städten, trotz der Entlastung bei den Kosten für Zinszahlungen, zu einer zusätzlichen finanziellen Belastung von mehreren Millionen Euro im Jahr. Geld, das gerade bei den (bisher) im Bundesvergleich am höchsten verschuldeten Städten oftmals nicht vorhanden ist und ebendiese Kommunen zur Aufnahme neuer Kredite zwingt. Damit wird letztlich das Ziel des PEK-RP konterkariert; Schulden werden durch neue Schulden bedient, unterm Strich steigt die Schuldenlast im Zeitverlauf wieder an.
Vor all diesen Hintergründen kann es nicht verwundern, dass viele Städte für 2025, trotz eigener Anstrengungen, mit teils historisch hohen Defiziten konfrontiert sind. Dabei sind es nunmehr nicht mehr nur die kreisfreien Städte, die mit roten Zahlen planen müssen, sondern auch die Städte im kreisangehörigen Raum, denen in der Vergangenheit oft noch ein Haushaltsausgleich gelungen ist. Je weniger Aufgaben im Bereich Jugend und Soziales, desto geringer die finanziellen Herausforderungen; diese über viele Jahre geltende Faustformel scheint sich angesichts der aktuellen Herausforderungen nicht mehr in dem Maße zu bewahrheiten.
Strukturelle Probleme angehen
Die zentrale Frage ist und bleibt, wie wir aus dieser verfahrenen und scheinbar aussichtlosen finanziellen Schieflage herauskommen und zugleich auch dafür sorgen, dass die landesseitig auf den Weg gebrachten Hilfen nicht verpuffen bzw. aufgrund ihrer Wirkungslosigkeit zu einer Verschwendung von Steuergeldern führen. Es gibt auf diese Herausforderung sicherlich nicht nur eine und schon gar keine schnelle Antwort. Nach wie vor evident ist allerdings, dass die strukturellen Haushaltsprobleme eng mit den horrenden Nettodefiziten der kreisfreien Städte, großen kreisangehörigen Städte und Landkreise im Bereich Jugend und Soziales verbunden sind. Grob gesagt, ist bei diesen Gebietskörperschaften pro Jahr von einem Nettodefizit von mehr als 1,5 Milliarden Euro im Sozialbereich auszugehen. Geld, das diesen Kommunen fehlt und über Steuern, Gebühren und insbesondere auch die Kreisumlage finanziert werden muss. Dies alles auch aufgrund der Tatsache, dass die Aufgaben und Leistungen in diesem Bereich von Bund und Land vorgegeben wurden und werden, also zu einem hohen Teil außerhalb einer direkten Beeinflussungsmöglichkeit durch die Kommunen liegen.
Um die Kommunalfinanzen endlich wieder zukunftsfest zu gestalten und auch vom Kopf auf die Füße zu stellen, bedarf es daher eines gemeinsamen Ansatzes von Kommunen und Land, die Kosten im Bereich Jugend und Soziales einer genauen Überprüfung zu unterziehen und gemeinsam Mittel und Wege zu finden, die Nettodefizite der Kommunen in diesem Bereich dauerhaft deutlich zu reduzieren. Dabei muss auch viel stärker in den Blick genommen werden, welche Standards bei welcher Aufgabe wir tatsächlich brauchen und uns auch finanziell leisten können. Wichtige Weichenstellungen, für die sich der Städtetag im Schulterschluss mit den beiden kommunalen Schwesterverbänden mit Nachdruck einsetzt und die – darauf deuten erste Gespräche hin – beim neuen rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten auf offene Ohren stoßen. Wenn Worten jetzt Taten folgen, dann könnte mit einer dauerhaften Reduzierung der Nettodefizite im Bereich Jugend und Soziales sowie dann folgend mit Nachbesserungen beim kommunalen Finanzausgleich und beim Entschuldungsprogramm der Durchbruch für eines der zentralsten Themen der Kommunen gelingen.
Steuern
Grundsteuerreform
Die Umsetzung der Grundsteuerreform in Rheinland-Pfalz ist für die Kommunen – insbesondere die Mitgliedsstädte des Städtetages – mit einer Vielzahl eklatanter Problemstellungen verbunden. Hierfür sind die schlechte Qualität der übermittelten Daten sowie technische Problemstellungen (Programmierung von Schnittstellen, Einlesen der Daten etc.) insbesondere die Entscheidung des Landes, das Grundsteuer-Bundesmodell unverändert zu übernehmen, ursächlich. Der Bundesgesetzgeber wollte mit dem Bundesmodell eine zeitgemäße und faire Bewertung der einzelnen Grundstücksarten vornehmen. Nach den nun vorliegenden Berechnungen der Mitgliedsstädte wird das Ziel des Bundesgesetzgebers vielerorts nicht erreicht. Vielmehr führt das Bundesmodell gerade im Bereich der Städte zu einer teils erheblichen Belastungsverschiebung zu Lasten von überwiegend zu Wohnzwecken genutzten Grundstücken (insbesondere Ein- und Zwei-Familienhäuser) bei gleichzeitiger Entlastung von überwiegend gewerblich genutzten Grundstücken. Zwischenzeitlich wurde dieser Trend von allen Ländern, die das Bundesmodell unverändert anwenden, und auch dem Bund bestätigt. Wir haben das Land aufgefordert, dem Beispiel der Länder Berlin, Sachsen bzw. dem Saarland zu folgen und unter Anwendung der Länderöffnungsklausel abweichende Steuermesszahlen festzulegen. Der landesseitige Vorschlag, ein differenziertes Grundsteuer-B-Hebesatzrecht einzuführen, wird abgelehnt, da dadurch bundes- und landesseitig verursachte Problemstellungen auf die kommunale Ebene verlagert und neue zusätzliche Problemstellungen – insbesondere ein erhebliches Prozessrisiko – geschaffen werden.
Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand
Die Neuregelung des § 2b UStG, welche die Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand europarechtskonform regeln soll, beschäftigt die Kommunen als juristische Personen öffentlichen Rechts nun bereits seit dem Jahr 2015. Nachdem die Regelung zunächst mit einer optionalen Übergangsfrist spätestens zum 1. Januar 2021 zur zwingenden Anwendung kommen sollte, steht nach bereits zweimaliger Verlängerung der vorgenannten Übergangsfrist – zuletzt bis zum 1. Januar 2025 – nun eine weitere Verlängerung im Raum. Entsprechend dem Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2024 des Bundesministeriums der Finanzen soll die Übergangfrist um weitere zwei Jahre bis zum 1. Januar 2027 verlängert werden. Begründet wird dies abermals mit Zweifelsfragen bei der Rechtsauslegung, welche es zu beseitigen gelte und damit, dass eine wesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs durch die erneute Verlängerung der Übergangsregelung unter Zugrundelegung der Erfahrungen der letzten zwei Jahre auch weiterhin nicht zu befürchten sei. Gerade der letztgenannte Punkt ist erstaunlich, stellt er doch die Notwendigkeit der Neuregelung des § 2b UStG in Gänze in Frage. Vor diesem Hintergrund haben wir den Mitgliedsstädten, welche nicht bereits zur Anwendung des § 2b UStG optiert haben, empfohlen, sich auf eine weitere Verlängerung der Optionsregelung einzustellen und von einer Anwendung des § 2b UStG vorerst abzusehen; ein freiwilliger Verzicht auf die Anwendung der Optionsregelung sollte lediglich in Einzelfällen (z. B. bei erheblichen Investitionen mit Vorsteuerabzugsmöglichkeit) geprüft werden.
Wachstumschancengesetz
Bereits im Jahr 2023 hat die Bundesregierung den Regierungsentwurf zum sogenannten Wachstumschancengesetz in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht, um Unternehmen steuerlich zu entlasten, sie von bürokratischen Hürden zu befreien und die Rahmenbedingungen für Investitionen und Innovationen zu verbessern. Der Regierungsentwurf zum Wachstumschancengesetz sah ursprünglich rund 50 Einzelmaßnahmen mit einem Entlastungsvolumen von insgesamt 6,3 Milliarden Euro vor. Die geplanten Steuerrechtsänderungen hätten allein auf kommunaler Ebene zu voraussichtlichen Steuerausfällen von jährlich bis zu 3,3 Mrd. Euro geführt. Wir konnten gemeinsam mit der Unterstützung der anderen kommunalen Spitzenverbände und insbesondere der Landesregierung erreichen, dass dieser Entwurf im parlamentarischen Verfahren keine Mehrheit fand. Er wurde im Wege des Vermittlungsverfahrens angepasst und die finanzielle Belastung der Kommunen in Deutschland auf nunmehr rd. 0,6 Mrd. Euro p. a. deutlich reduziert. Bundestag und Bundesrat haben das Gesetz zwischenzeitlich beschlossen.