GB23 Migration

Migration und Integration

Two travellers walking towards old town.


Seit Februar 2022 steigen die Zahlen der geflüchteten Menschen, die in die Bundesrepublik Deutschland kommen. Es ist die Pflichtaufgabe der Kommunen, diese Menschen aufzunehmen und unterzubringen. Die Städte sind inzwischen bei der Unterbringung, Aufnahme und Integration von Flüchtlingen an ihrem Limit und leisten hierbei das absolut Maximale. Dies gilt auch hinsichtlich der Information und Aufklärung von Einwohner:innen. Das ist essenziell wichtig für den Zusammenhalt der Stadtgesellschaft.

Wohnraum nahezu ausgeschöpft

Die Fluchtbewegung trifft in Rheinland-Pfalz auf einen sehr angespannten Wohnungsmarkt. Wohnraum verknappt sich für alle Einwohner:innen, die Mieten steigen – und damit steigen auch die Unterbringungs- und Unterkunftskosten. Dezentrale angemessene Unterbringungsmöglichkeiten in den Städten gibt es immer weniger. Auch aus Sicht der Landesregierung sollen die Kommunen zentrale Gemeinschaftsunterkünfte schaffen, um dem Zustrom Herr zu werden. Allerdings gibt es nicht überall geeignete, leerstehende Gebäude. Aufgrund langer Lieferzeiten können auch Container oft nicht kurzfristig aufgestellt werden. Die Städte setzen aber alle Hebel in Bewegung, um schnell eine Unterbringung für die Menschen zu organisieren.

Zudem besteht noch immer großer Nachholbedarf bei der Integration der Menschen, die seit 2015 zu uns gekommen sind. Teilweise leben diese seit Jahren in Gemeinschaftsunterkünften, weil sie auf dem freien Markt keine Wohnungen finden. Auch haben viele Asylbewerber:innen nach ihrer Anerkennung ihren ursprünglich zugewiesenen Ort verlassen und sind in die Städte gezogen. Inzwischen suchen immer mehr aus der Ukraine geflüchtete Menschen nach eigenem Wohnraum. Dies alles verschärft die bereits bestehende Wohnraumproblematik.

Sprachkurse und Kita-Fachpersonal für Integration dringend benötigt

Es gibt nicht genügend Integrations- und Sprachkurse, um den Menschen eine schnelle Integration zu ermöglichen. Die Städte bieten so viel wie möglich an. Die Nachfrage übersteigt aber das Angebot deutlich. Benötigte Kurse können aufgrund fehlenden Personals und Räumlichkeiten nicht im erforderlichen Umfang angeboten werden. Viele, die seit Jahren in der Integrationshilfe tätig sind, geraten an ihre Grenzen. Auch hinsichtlich der gestiegenen Anzahl an Ansprüchen auf Plätze in Kindertageseinrichtungen hat sich die Lage in den Städten noch einmal verschärft. Dabei ist nicht nur der Ausbau von Kita-Gebäuden eine große Herausforderung, sondern auch die Besetzung der Stellen mit Fachkräften.

Da wir zu wenig Integrationsinfrastruktur haben, können wir den Menschen, die zu uns kommen, nicht die Möglichkeiten geben, die sie benötigen. Das ist weder für die Stadtgesellschaft noch für die schutzsuchenden Menschen ein tragbarer Zustand. Der Städtetag fordert von der Landesregierung, gemeinsam mit den Kommunen ein Konzept für die Integration der geflüchteten Menschen zu erarbeiten. Zuvorderst muss dabei der Spracherwerb stehen. Es muss aber auch über Beschäftigungsmöglichkeiten für diese Menschen diskutiert werden.

Verteilung geflüchteter Menschen

Diverse People Stacking Hand Together

Die Verteilung der geflüchteten Menschen erfolgt in Rheinland-Pfalz durch das Land anhand der Einwohnerzahlen. Der Städtetag hat das Land aufgefordert, bei der Verteilung über die Einwohnerzahlen hinaus die Zuzüge in die Städte nach der Erstzuweisung mit zu berücksichtigen, da nur der aktuelle Aufenthalt von geflüchteten Menschen in den Kommunen Aufschluss über die tatsächliche Belastungssituation in den Kommunen gibt.

Gutachten zur Kostenfrage

Strittig ist zwischen dem Land und den Kommunen nach wie vor, wer die entstehenden Kosten für die geflüchteten Menschen tragen muss. Mit dem Argument, die Aufgabenzuweisung sei zeitlich vor Einführung des strikten Konnexitätsprinzips erfolgt, streitet die Landesregierung eine Verpflichtung zur vollständigen Kostenübernahme ab. Damit gelte das Prinzip „Wer bestellt, bezahlt“ hier nicht. Daher haben die kommunalen Spitzenverbände im Sommer 2023 ein Gutachten erstellen lassen. Im Ergebnis dieses Gutachtens ist davon auszugehen, dass etliche Anhaltspunkte dafürsprechen, die derzeit praktizierte Kostenerstattung aus Anlass der Flüchtlingsproblematik als unzureichend – und damit verfassungswidrig – anzusehen. Der Städtetag möchte gemeinsam mit den anderen kommunalen Spitzenverbänden mit der Landesregierung ins Gespräch kommen, um einen Weg für eine sachgerechte und ausreichende Kostenerstattungslösung zu finden. Gleichzeitig hat sich der Vorstand entschieden, das Beschreiten des Klagewegs vorzubereiten.

Besonders herausfordernd: Aufnahme unbegleiteter Minderjähriger

Die Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Ausländer:innen (umA) wird seit 2017 maßgeblich durch so genannte Schwerpunktjugendämter begleitet, die das Clearing (u. a. Altersfeststellung, Identität usw.) vornehmen. Spezielle Fachkompetenz wurde dort gebündelt, damit nicht alle Jugendämter im Land diese vorhalten müssen. Wegen des deutlich erhöhten Zustroms von umAs reichen die eingerichteten Kapazitäten in den Schwerpunktjugendämtern inzwischen dennoch nicht mehr aus. Eine interkommunale Zweckvereinbarung für die Anbindung von Jugendämtern an ein Schwerpunktjugendamt musste deshalb gekündigt werden. In der Folge werden voraussichtlich Mitte 2024 sechs Jugendamtsbezirke im Süden des Landes keinen Anschluss mehr an ein Schwerpunktjugendamt haben. Der Städtetag fordert vom zuständigen Ministerium, mit den Hauptverwaltungsbeamt:innen Gespräche aufzunehmen, um ein Jugendamt oder mehrere Jugendämter zu finden, die diese Aufgabe auch für andere Kommunen übernehmen können.

Für die umA werden in den Kommunen stationäre Unterbringungsmöglichkeiten inklusive Betreuung benötigt. Fachkräfte dafür stehen auf dem Arbeitsmarkt aktuell nicht zur Verfügung, so dass es den Kommunen an Unterbringungsmöglichkeiten für umA fehlt. Die große Aufgabe der Unterbringung der umA kann nur zusammen mit den freien Trägern bewältigt werden, die ausreichend Unterbringungsplätze schaffen bzw. betreuen müssen.