Kleines Grün – große Wirkung


Steigende Temperaturen setzen Tier und Mensch im Sommer stark zu – versiegelte Flächen erhöhen diesen Effekt zusätzlich. Umso wichtiger ist es, Mittel und Wege zu finden, um die Belastungen zu mindern. Dabei darf es durchaus auch kreativ werden.

Ein in Deutschland noch recht junger Ansatz sind „Miniwälder“, angelehnt an das „Tiny Forest“ Konzept. Dabei wird ein neuer Wald auf einer kleinen Fläche von wenigen Hundert Quadratmetern mit einer dichten, vielfältigen und standortangepassten Bepflanzung geschaffen. Beispielsweise finden auf der Größe eines Tennisplatzes rund 600 Bäume Platz. Durch das enge Bepflanzen und eine gute Bodenvorbereitung – gegebenenfalls durch Anreicherung mit organischem Material - wachsen die Bäume und Sträucher schneller und sollen sich größtenteils ohne menschliches Zutun entwickeln.

Ein Plus für Klima und Umweltbildung

„Wie können wir Strukturen schaffen, die für mehr Schatten, weniger Erosion und eine Aufwertung ökologisch abgeräumter Flächen sorgen, also auch neue Rückzugsorte für Insekten und Tiere bieten? Die Antwort darauf war das Konzept der Waldinsel, angelehnt an den Tiny Forest“, erklärt Nikolai Kalinke, Landesgeschäftsführer bei der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW).

In Ellerstadt hat die SDW gemeinsam mit der Gemeinde und vielen Freiwilligen das Konzept 2019 erstmals umgesetzt: Auf einer alten Brache, die ursprünglich ein Wingert war. 120 Bürgerinnen und Bürger halfen tatkräftig mit, die rund 600 Pflanzen auf dem 600 Quadratmeter großen Grundstück zu pflanzen.

„Die Startbedingungen waren schwierig, das vorherige Jahr und damit die Böden waren sehr trocken, es fehlte an Wasser. Deshalb mussten wir nachpflanzen. Aus diesem ersten Projekt haben wir gelernt. Beispielsweise gedeiht die Waldinsel in Gerolsheim, die vor zwei Jahren angelegt wurde, hervorragend. Dort haben sowohl Landwirte als auch die Freiwillige Feuerwehr ab und an gewässert. Das hilft gerade im ersten Jahr immens“, sagt Kalinke.

Positiv an diesen Waldinseln, die im Ortskern oder in seiner Nähe angelegt werden, sei auch, dass sehr viel Feedback seitens der Bürgerinnen und Bürger eingeht. Kalinke: „Mit solchen Projekten tun wir nicht nur Umwelt und Klima etwas Gutes, sondern binden auch die Menschen direkt vor Ort ein und können viele Infos über die Projekte und die Prozesse vermitteln, beispielsweise wie denn so ein Baum überhaupt funktioniert. Die Waldinsel wird also gleichzeitig zum Ort der Bildung“.

Von Versickerung bis Artenvielfalt

Die Kleinstwälder sollen zu einem besseren Mikroklima in Städten oder Gemeinden beitragen. Denn Bäume und Sträucher verdunsten Wasser und tragen zur Kühlung der Umgebungstemperatur bei. Zudem dienen sie als Versickerungsflächen, was in Starkregenzeiten eine wichtige Rolle spielt. Gleichzeitig sollen auf diesen kleinen Flächen vielfältige Habitate entstehen und zu einer höheren Artenvielfalt beitragen.

Wichtig für ein Gelingen ist laut Stadtklimatologe Sascha Henninger von der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) die richtige Pflanzenauswahl: „Ich muss Bäume wählen, die auch in den nächsten Jahrzehnten noch überlebensfähig sind und mit Trockenstress umgehen können. Und genauso wichtig: Vorher schon bedenken, dass man sich darum kümmern muss. Das bedeutet: In der ersten Zeit bewässern und die Jungpflanzen pflegen. Später heißt es zum Beispiel Müll entsorgen, damit es auch eine schöne Klimaoase bleibt.“

Miniwald in Trier

Ein aktuelles Beispiel findet sich in Trier. Dort hat eine Gruppe Freiwilliger gemeinsam mit Initiator Karl-Josef Prüm im März 2024 den ersten Tinywald in der Stadt angelegt. Gepflanzt wurden 60 gespendete kleine Bäumchen rund 20 verschiedener Baumarten, darunter etablierte einheimische Arten wie Buchen, Eichen und Linden, aber auch eingebürgerte Exoten aus wärmeren Klimazonen wie Edelkastanien, Baumhasel oder Robinien. In wenigen Jahren soll das kleine Wäldchen die benachbarten Asphaltflächen des Parkplatzes einer Sportanlage beschatten und kühlen und so einen kleinklimatischen Beitrag zur Brechung von Hitzespitzen in der Stadt leisten.

Es grünt in Trier: Die Bäumchen im ersten Tiny Forest der Stadt sind gut angewachsen. 

„Natürlich ist das nur ein erster kleiner Schritt in einem längeren Prozess, in dem hoffentlich noch viele Dutzend weitere Tinywäldchen folgen – vor allem im Umfeld von heißen Stein- und Asphaltflächen“, betont Forstingenieur Karl-Josef Prüm. Die ersten Monate hat sich das Wäldchen sehr gut entwickelt – auch dank des günstigen Wetterverlaufs mit ausreichend Niederschlägen. „Ein weiterer Vorteil des Wäldchens ist die wegfallende Pflege der ehemaligen Rasenfläche. Dadurch spart die Stadt Kosten ein und das Regenwasser kann deutlich besser auf der Fläche gehalten werden. Auch Starkregen kann leichter in den von den Bäumen durchwurzelten Boden eindringen, womit zugleich ein kostenloser Beitrag zum Hochwasserschutz geleistet wird“, ergänzt Karl-Josef Prüm.

Das Konzept stößt auch in anderen rheinland-pfälzischen Kommunen auf Interesse. Beispielsweise hat der Stadtrat in Bitburg den Umbau eines Spielplatzes zum „Pikopark“ beschlossen, in dessen Mitte ein 100 Quadratmeter kleiner Tiny Forest gepflanzt wird. Der Spielpark ist damit nicht nur Treffpunkt und Abenteuerraum, sondern erfüllt dann auch Nachhaltigkeitskriterien und ist an die Klimaveränderungen angepasst.

Und: „Auch Kommunen mit wenig finanziellem Spielraum können solche Klimaschutz-Projekte mit Hilfe von Fördermitteln verwirklichen“, betont Rebecca Jung, Förderreferentin der Energieagentur Rheinland-Pfalz und verweist auf Förderprogramme, die die Umsetzung solcher Projekte erleichtern. Außerdem bietet auch die SDW finanzielle Zuschüsse bei der Pflanzung von Waldinseln.