Auf der diesjährigen Mitgliederversammlung in Mayen wurde der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) zum Vorsitzenden des Städtetages Rheinland-Pfalz gewählt. Erster stellvertretender Vorsitzender wird der bisherige Vorsitzende Thomas Hirsch (CDU), Oberbürgermeister von Landau in der Pfalz. Als zweiten stellvertretenden Vorsitzenden wählte das oberste Gremium des Städtetages den Mayener Oberbürgermeister Wolfgang Treis (Bündnis 90/Die Grünen). Damit besteht zum ersten Mal in der Geschichte des Städtetages der Vorsitz aus Vertretern von drei Parteien.
Ebling benannte in seiner Antrittsansprache die zukünftigen Herausforderungen der rheinland-pfälzischen Städte: „Beim Altschuldenabbau der Städte muss sich etwas tun. Aus eigener Kraft wird es in vielen Fällen nicht möglich sein, aus der Schuldenfalle zu kommen. Daher ist die angekündigte Bereitschaft des Bundes, einen erheblichen Teil der Kassenkredite besonders belasteter Kommunen in die Bundesschuld zu nehmen, ein wichtiges und starkes Signal. Das wäre ein Schritt, der unseren Städten eine echte Perspektive bieten würde.“ Auf einer solchen Basis könnte mit weiteren Anstrengungen von Land und Kommunen der finanzielle Turnaround gelingen. Die Städte seien dann finanziell wieder besser in der Lage, wichtige Maßnahmen in Angriff zu nehmen, z.B. um dringend benötigte Investitionen in die städtische Infrastruktur voran zu treiben, den öffentlichen Nahverkehr nachhaltig und sozialverträglich auszubauen und bezahlbaren Wohnraum innerhalb der Städte zu schaffen.
Ausdrücklich begrüßte der neu gewählte Vorsitzende die vorgesehenen Maßnahmen des Klimapaketes des Bundes, um Bus und Bahn voranzubringen. „Wegweisend sind z.B. die geplanten 10 regionalen Modellprojekte zur Stärkung des ÖPNV, in deren Rahmen auch 365-Euro-Jahrestickets eingeführt werden könnten“, so Ebling weiter. Laut dem Mainzer Oberbürgermeister sei eine Modernisierung und klimaschonende Umrüstung der städtischen Busflotten nötig, auch damit bis 2030 bis zu 50 Prozent der Stadtbusse, wie von der EU gefordert, elektrisch fahren. Dafür seien deutlich stärkere Förderleistungen von Bund und Land unerlässlich. Auch müsse sich am Status des ÖPNV in Rheinland-Pfalz dringend etwas ändern: „Dreh- und Angelpunkt für eine erfolgreiche Verkehrswende ist die Aufwertung der bisher freiwilligen Aufgabe ÖPNV in eine kommunale Pflichtaufgabe durch die Landesregierung, verbunden mit einer entsprechenden finanziellen Dotierung“, betonte Ebling.
Die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum bleibt laut Ebling ein zentrales Thema für die Städte in Rheinland-Pfalz. Daher bewertet der neue Städtetags-Vorsitzende auch die geplante Aufstockung des Bundesförderprogramms „Energetische Stadtsanierung“ sowie die Weiterentwicklung der Städtebauförderung als einen wichtigen Punkt im Klimapaket. Es müsse ein Augenmerk darauf gerichtet werden, energetische Standards für mehr Klimaschutz weiter zu modifizieren und trotzdem bezahlbar bauen zu können.
Oberbürgermeister Thomas Hirsch betonte im Rahmen der Mitgliederversammlung, dass der Städtetag in den letzten Monaten viele Fortschritte bei kommunalen Anliegen erzielen konnte. Als Beispiele nannte er die Bereitschaft des Landes, den ÖPNV rechtlich besserzustellen und die vom Städtetag angeregte und vom Innenministerium dankenswerterweise sofort umgesetzte Beratungs-Hotline für kommunale Mandatsträger, die von Hass und Gewalt betroffen sind. Auch die Verabschiedung der Grundsteuerreform nach monatelangem Gezerre der politischen Akteure im Bund wertete er als Erfolg auch der Verbandsarbeit auf Landesebene.
Zur geplanten zweiten Stufe der Kommunal- und Verwaltungsreform führte Hirsch aus, dass man sich in konstruktiven Gesprächen mit der Landesregierung befinde. Dennoch bliebe es bei der bereits mehrfach geäußerten Kritik des Städtetags, dass im Reformgutachten der Landesregierung die kommunale Selbstverwaltung und die Themen Bürgernähe und Erreichbarkeit der Verwaltung völlig untergeordnet betrachtet werden. Das klare Übergewicht in Bezug auf Gebietsreformen sei wenig zielführend. In Bezug auf eine mögliche Einkreisung von kreisfreien Städten sei kein einziger Vorteil ersichtlich oder begründet, geschweige denn mit Zahlen belegt. „Der Städtetag bleibt daher bei seiner Forderung, dass die interkommunale Zusammenarbeit als echte Alternative zu Einkreisungen kreisfreier Städte angesehen werden muss“, beschrieb Hirsch die Position des Verbandes. Die fortschreitende Digitalisierung der Verwaltungen biete hier Möglichkeiten, die viel stärker als bisher in den Fokus gerückt werden müssten.
Hirsch führte weiter aus, dass trotz der derzeit guten konjunkturellen Lage und hoher Steuereinnahmen die Haushaltslage in vielen rheinland-pfälzischen Städten weiter angespannt sei. Die Frage, inwieweit das Land bei der Schaffung und Übertragung von neuen Aufgaben auf die Kommunen für die Deckung der damit entstehenden Kosten sorgt, sieht der Landauer Oberbürgermeister dabei als essentiell zur Lösung der finanziellen Probleme an. Dem Konnexitätsprinzip müsse bei neuen Gesetzen stärker Geltung verschafft werden, zum Beispiel durch neue und bessere Konsultations- und Kostenermittlungsverfahren im Gesetzgebungsprozess. Hirsch: „Um hier wirklich voranzukommen, plädiere ich für die Einrichtung einer Konnexitätskommission, in der sich Vertreter der kommunalen Spitzenverbände und der Landesregierung gemeinsam mit externen Finanzexperten und dem Rechnungshof mit den finanziellen Auswirkungen neuer Gesetze und Normen des Landes befassen.“ Zu diesem neuen Ansatz hätte es jüngst ein positiv verlaufendes Gespräch zwischen ihm und den Spitzenvertretern des Rechnungshofs Rheinland-Pfalz gegeben.