Hitzeaktionsplan

Der „Heißzeit“ entgegenwirken


Wie viele weitere heiße Tage und tropische Nächte wird es in diesem Jahr geben? Auf eine exakte Voraussage wollen sich die „Wetterfrösche“ zurzeit nicht festlegen lassen. Fest steht: Durch den Klimawandel werden die sommerlichen Hitzeperioden länger, die Tage mit Spitzentemperaturen mit bis zu 40 Grad und Nächte, in denen die Temperatur nicht unter 20 Grad sinkt, werden häufiger. Extreme Belastungen also für Menschen und Umwelt – besonders in den Städten. Mit der Entwicklung eines Hitzeaktionsplans bereitet sich Worms auf die im Wortsinn „heißeste Zeit“ eines Jahres vor. Ein Projekt mit Leuchtturmcharakter.

Sommer 2018. Viele Wormserinnen und Wormser erinnern sich noch gut an die drückende Hitze, die sich vor drei Jahren im Juli und August über Tage und Wochen hinweg über die Stadt legte. Der Startschuss für die Entwicklung und Etablierung eines städtischen Hitzeaktionsplans fiel dagegen in der eher kalten Jahreszeit: Im November 2020 trafen sich Vertreter*innen der Stadtverwaltung, des Städtenetzwerks Klima-Bündnis e. V., der Hochschule Fulda, des Uni-Klinikums München und des Rheinland-Pfalz Kompetenzzentrums für Klimawandelfolgen zum Projektauftakt.

Als eine der ersten Städte in Deutschland hatte Worms sich das Ziel gesetzt, die hitzebedingten Erkrankungen und Todesfälle nachhaltig zu reduzieren und einen umfassenden vorbeugenden Schutz der Bevölkerung zu gewährleisten. Adolf Kessel,  Oberbürgermeister der Nibelungenstadt, appellierte seinerzeit an die Beteiligten: „Wir brauchen dringend Strategien für den Umgang mit Hitzeereignissen – als zentralen Beitrag zur Gesunderhaltung der Menschen.“

Extreme Hitze gefährdet Gesundheit

Das aktuelle Leuchtturmvorhaben mit dem Titel „Hitze Sicher/Worms – gemeinsam Handeln“ unterstützt das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) im Rahmen des Förderprogramms „Anpassung an den Klimawandel“ nun für zwei Jahre mit einer Gesamtsumme in Höhe von 300.000 Euro. „Es geht darum, kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen, um die Bevölkerung vor den Hitzefolgen wirksam und umfangreich zu schützen“, erklärt Selma Mergner, die in der Abteilung „Umweltschutz und Landwirtschaft“ in der Wormser Stadtverwaltung für das Projekt verantwortlich ist.

Es komme zu einer Häufung hitzebedingter Erkrankungs- und Todesfälle, insbesondere bei „vulnerablen Personengruppen“. Zu denen zählt die Klimaschutzmanagerin und Expertin für nachhaltiges Wirtschaften ältere Menschen, Kleinkinder und Säuglinge, Menschen mit psychischer und physischer Beeinträchtigung, Menschen, die viel im Freien arbeiten, Menschen, die wohnungslos sind oder in Gemeinschaftsunterkünften leben, und Sportler*innen.

Ein Frühwarnsystem, das auf Informationen des Hitzewarndienstes des Deutschen Wetterdienstes fußt und worüber die besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen erreicht werden sollen, gehört zu den kurzfristigen Maßnahmen des Projekts. In einem weiteren Schritt werden mittelfristig Netzwerke aufgebaut, die in akuten Hitzephasen mit geeigneten Maßnahmen helfen und unterstützen können. Dazu gehören Feuerwehren, Rettungsdienste, Hilfsorganisationen, Kirchen sowie Fachleuten aus Gesundheitsversorgung und Pflege, Schulen, Kindegärten und Baugenossenschaften.

Selma Mergner setzt dabei auch auf Nachbarschaftshilfe und bürgerschaftliches Engagement. Es sei wichtig, dass die Menschen in solchen extremen Situationen aufeinander Acht geben. Deshalb hatte Klimamanagerin Mergner alle Akteure eingeladen, die mit sogenannten hitzevulnerablen Bevölkerungsgruppen zusammenarbeiten, um bei der Erstellung des Aktionsplans mitzuwirken.

Die Ergebnisse aus vier Workshops liegen jetzt vor. Sie werden zu Maßnahmenpaketen gebündelt und zum Hitzeaktionsplan verdichtet; ab 2022 wird es an die Umsetzung gehen.  Ein Leitfaden soll andere Kommunen motivieren und ihnen helfen, eigene Aktionspläne zum Hitzeschutz zu entwickeln (siehe Info am Ende).

Städtebauliche Maßnahmen unabdingbar

Langfristig wird ein effektiver und nachhaltiger Hitzeschutz um städtebauliche Maßnahmen allerdings nicht herumkommen. Denn: „Es braucht zum Beispiel mehr Grünflächen, mehr Frischluftschneisen, um die sogenannte Hitze-Resilienz zu erhöhen“, weiß Selma Mergner. Dies gehe nur durch die Entwicklung von langfristigen Strategien und stadtplanerische Maßnahmen. Bei der Planung und beim Bau neuer Gebäude müsse zudem künftig unbedingt ein umfassender Hitzeschutz berücksichtigt werden.

Ungeteilte Unterstützung findet das Wormser Projekt bei Dr. Astrid Kleber vom Rheinland-Pfalz Kompetenzzentrum für Klimawandelfolgen. Wobei die Expertin zugleich warnt: „Das Hitzejahr 2018, in Worms das bislang zweitheißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881, gilt als Zeigerjahr für die Zukunft. Setzen wir nicht alles daran, uns in den nächsten Jahren um einen starken Klimaschutz zu bemühen, wird der prognostizierte Anstieg der Temperaturkurve kaum abflachen.“


Info: Nachmachen erwünscht

 Bei dem Projekt „Hitze Sicher/Worms“ handelt es sich um ein Leuchtturmvorhaben, dessen Ergebnisse und Erfahrungen anderen Kommunen zur Verfügung gestellt werden. Dafür wird gegen Ende des Projekts ein Leitfaden zur Erstellung eines Hitzeaktionsplans erstellt und auf der Internetseite des Stadt Worms abrufbar sein (Quelle: www.hitze-worms.de). Weitere Informationen bei Selma Mergner, Stadt Worms, Abteilung 3.05 - Umweltschutz und Landwirtschaft, Telefon 06241 853-3501, E-Mail:  selma.mergner@worms.de.

Auch in einer Reihe weiterer Gemeinden wird aktiv am Schutz vor zu großer Hitze gearbeitet – beispielsweise in Ingelheim am Rhein. Dort läuft seit November 2020 das Projekt „KlimPraxIng “, gesteuert vom Umwelt- und Grünflächenamt der Stadtverwaltung, gefördert vom Bundesumweltministerium. Anfang Mai wurden auf dem Fridtjof-Nansen-Platz in Ingelheim zwei Prototypen von mobilen vertikalen Gärten aufgestellt. Die Aufstellung ist Bestandteil des KlimPraxIng Projekts und wird in Zusammenarbeit mit der Technischen Hochschule (TH) Bingen realisiert, welche die Gärten wissenschaftlich betreut. Die Systeme sollen insbesondere dort eingesetzt werden, wo eine dauerhafte Begrünung nicht umsetzbar ist.

Auskunft
zum Projekt in Ingelheim und zu den mobilen Gärten gibt die KlimaWerkstatt: klimaschutz@ingelheim.de, Telefon 06132 – 782 319.  Projektinformationen KlimPraxIng: https://t1p.de/bjbl