Verschuldung der Kommunen

Verschuldung der Kommunen

Informationen des Städtetages RLP (Stand: 2019)


Die rheinland-pfälzischen Kommunen sind hochverschuldet. Die Liquiditätskredite der Städte, Gemeinden und Kreise betragen pro Kopf das Dreifache des Durchschnitts der Flächenländer. Laut der Bertelsmann Stiftung kommen von den zehn der meist verschuldeten Kommunen Deutschlands sieben aus Rheinland-Pfalz. Trotz höherer Steuereinnahmen, niedriger Zinsen, eines kommunalen Entschuldungsfonds, eines neuen kommunalen Finanzausgleichs seit 2014 sowie finanzieller Hilfszahlungen durch den Bund hat sich die Verschuldungssituation auch in den letzten Jahren nicht wesentlich verbessert. Gemäß dem Rechnungshof Rheinland-Pfalz wiesen die Kommunen Ende 2018 mehr als 6 Mrd. Euro an Liquiditätskrediten auf, wobei die kreisfreien Städte pro Kopf die mit Abstand höchste Verschuldung aller Gebietskörperschaftsgruppen hatten.

Die hohen Altschulden bergen für die Kommunen beträchtliche finanzielle Risiken, gerade bei steigenden Zinsen, und beschneiden zunehmend ihre Handlungsfähigkeit. Gerade die Städte benötigen daher neben einer auskömmlichen Finanzierung der ihnen übertragenen staatlichen und pflichtigen Aufgaben umgehend eine durchgreifende und nachhaltige Lösung der Altschuldenproblematik. Nur so können sie ihre volle Handlungsfähigkeit zurückgewinnen und strukturelle sowie demografische Herausforderungen bewältigen. Nur so behalten sie ihre derzeit noch vorhandenen Problemlösungskompetenzen und sind in der Lage, ihre wichtigen Funktionen für ihre Einwohner vollumfänglich zu erfüllen.

Die kommunalen Spitzenverbände haben daher in den letzten Jahren im Rahmen verschiedener Aktionen und Gespräche an die Landesregierung appelliert, konstruktiv und lösungsorientiert ein Programm zu erarbeiten, welches die Altschulden tatsächlich vollumfänglich und nachhaltig abbaut und die Kommunen auch bei steigenden Zinsen in den kommenden Jahren handlungsfähig bleiben lässt. Das vom Land aufgelegte Aktionsprogramm "Kommunale Liquiditätskredite", mit dem rund die Hälfte der Altschulden aus Liquiditätskrediten zu zinsgünstigen Konditionen langfristig umgeschuldet wurde, vermag in keinster Weise einen essenziellen Beitrag zur Entschuldung der kommunalen Familie zu erbringen und ist überdies eine schwere finanzielle Bürde für zukünftige Generationen.

Andere Länder wie Hessen und das Saarland gehen hier mit ihren neuen bzw. aktualisierten kommunalen Entschuldungs-programmen sehr viel weiter. Gerade angesichts der gegenwärtig hohen Haushaltsüberschüsse des Landes Rheinland-Pfalz wäre die Landesregierung in der Lage, einen wirksamen Beitrag zum Abbau der kommunalen Altschulden zu leisten. Die Kommunen sind bereit, ihren Beitrag zu leisten; entsprechende Konzepte der kommunalen Spitzenverbände liegen als Grundlage für die Erarbeitung eines Programms vor. Die derzeit noch günstigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen müssen aus Sicht der Spitzenverbände für ein neues, effektiveres Entschuldungsprogramm genutzt werden.

Hilfe des Bundes

Die Entschuldung der finanziell besonders belasteten Kommunen war in letzter Zeit auch verstärkt Thema auf Bundesebene. So wurde im Rahmen der Regierungskommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ eine Arbeitsgruppe „Altschulden“ eingesetzt, die Lösungsansätze erarbeiten sollte für dieses neben Rheinland-Pfalz z.B. auch in Nordrhein-Westfalen drängende Problem. Nach intensiven Beratungen und Diskussionen, in die auch der Städtetag Rheinland-Pfalz eingebunden war, hatte die Arbeitsgruppe im Mai 2019 ihren Abschlussbericht vorgelegt. Im Bericht werden neben einem umfangreichen Problemaufriss drei Aspekte genannt, um bei dem Thema substanziell voranzukommen. So müsse eine nachhaltige Lösung der Altschuldenproblematik

  • bei der Sicherung des Zinsniveaus und des Kapitalmarktzugangs unterstützen,
  • Maßnahmen zur Vermeidung neuer Verschuldung beinhalten und
  • eine Tilgung mindestens eines signifikanten Anteils der kommunalen Kassenkredite sicherstellen.

Neben diesen eher abstrakten Ausführungen finden sich in dem Abschlussbericht leider keine konkreten, von allen AG-Mitgliedern getragenen Lösungsvorschläge für die Altschuldenproblematik. Zu unterschiedlich waren die Sichtweisen der einzelnen Teilnehmer auf Verschuldungsursachen und insbesondere auf die Zuständigkeiten (Bund vs. Land) zur Lösung der Problematik.

Die Ergebnisse der sechs Facharbeitsgruppen wurden zusammengefasst, aber es erfolgte kein endgültige Abstimmung zwischen den Beteiligten – Bund, Länder, kommunale Spitzenverbände. Grund war, dass gerade wegen der sehr unterschiedlichen Auffassungen der Länder kaum eine Chance gesehen wurde, zu einer endgültigen Einigung zu kommen.

Im Juli 2019 haben die beteiligten Bundesminister der Kommission ihre Schlussfolgerungen für die Bundespolitik zusammengefasst und in einem gemeinsamen Papier veröffentlicht. Jetzt sind die einzelnen Fachressorts auf Bundesebene gefordert, die Inhalte des Papiers mit Leben zu füllen. Zur Lösung der Altschuldenproblematik heißt es in dem Papier konkret:

„Der Bund kann einen Beitrag leisten, wenn es einen nationalen politischen Konsens gibt, den betroffenen Kommunen einmalig gezielt zu helfen. Ein solcher Konsens setzte voraus, dass sichergestellt wird, dass eine neue Verschuldung über Kassenkredite nicht mehr stattfindet. Dazu wäre ein breiter politischer Konsens in den gesetzgebenden Körperschaften und zwischen den Ländern nötig, an einer nachhaltigen Lösung solidarisch mitzuwirken, so dass der Bund gezielt dort bei Zins- und Tilgungslasten helfen kann, wo andere Hilfe alleine nicht ausreichend ist. Zugleich müssen die Ursachen der hohen Kassenkreditbestände angegangen werden. Die Bundesregierung wird zeitnah Gespräche mit dem Deutschen Bundestag, den Ländern sowie den betroffenen Kommunen und den Kommunalen Spitzenverbänden aufnehmen um auszuloten, ob eine solche nationale Lösung möglich ist.“

Nachdem diese Aussagen in den folgenden Wochen gerade in den betroffenen Bundesländern Gegenstand intensiver Diskussionen zwischen den Kommunalverbänden und der Landesregierung waren, wurden Überlegungen des Bundesfinanzministeriums laut, dass die Beteiligung des Bundes an der Lösung der Altschuldenproblematik bereits weit fortgeschritten seien. Überlegt werde, dass der Bund einen „erheblichen Teil der Kassenkredite der besonders belasteten Kommunen“ in die Bundesschuld übernehmen könne.

Wie auch schon aus dem entsprechenden Beschluss des Bundeskabinetts deutlich wurde, wird – so die Überlegungen des Bundesfinanzministeriums – diese direkte Altschuldenhilfe mit einer Reihe von Voraussetzungen verknüpft. Diejenigen Länder, in denen besonders kassenkreditbelastete Kommunen liegen, müssen sich ebenfalls an einer Schuldenübernahme beteiligen. Hierdurch möchte der Bund u.a. sicherstellen, dass der Abbau der bestehenden Altschulden als ein Bestandteil einer umfassenden Altschuldenlösung vollständig gelingt. Zudem müssen diejenigen Länder, deren Kommunen keine Altschuldenlösung benötigen, in den nationalen Konsens über die Altschuldenlösung einbezogen werden. In den kommenden Monaten wird sich entscheiden, ob eine Lösung der Altschuldenproblematik durch substanzielle Bundeshilfe tatsächlich möglich bzw. zwischen allen direkt und indirekt Beteiligten konsensfähig ist.